Im Dresdner Stadtarchiv lagern Hunderte mysteriöse Sterbeurkunden. Angeborene Lebensschwäche, Furunkulose, Darmkatarrh – neben den harmlosen Krankheiten als Todesursache verstört das Alter der Verstorbenen. Die meisten wurden nur wenige Tage oder Wochen alt. Die Rede ist von 296 Kindern, die von 1943 bis 1945 im Lager Kiesgrube umkamen. Ihre Mütter waren Zwangsarbeiterinnen aus Russland, der Ukraine oder Polen. Sie schufteten in der sächsischen Industrie und Landwirtschaft. Von den Nazis wurden sie als minderwertige Arbeitssklaven betrachtet und ihre Kinder als störender Ballast. So mussten die Frauen ihre Säuglinge zumeist nach wenigen Tagen im Lager zurücklassen. Die Neugeborenen hatten keine Chance, man überließ sie mehr oder weniger sich selbst, zu essen bekamen sie kaum etwas. Der Name „Ausländerkinderpflegestätte“, den die Nazis für diese Art Lager erfanden, klingt deshalb mehr als zynisch. In Wahrheit waren es verkappte Tötungsanstalten. 400 gab es davon in Deutschland. Insgesamt starben dort zwischen hundert- und zweihunderttausend Kinder. Das Lager in Dresden war eines der größeren. „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ zeigt die mühevolle Suche nach Überlebenden in Deutschland und der Ukraine, klärt die offenen Fragen eines Mannes, der das Lager überlebte und verhilft einer 69-Jährigen zu ihrer wahren Identität. (Text: mdr)